Köln: Wie kleinzellige Lungenkarzinome dem Immunsystem entkommen

Ein junge Forscherin der Uniklinik Köln identifiziert Mechanismus von Tumoren.

(v.l.) Prof. Dr. Dr. Roland Ullrich und Charlotte Orschel, Lungenkarzinom
(v.l.) Prof. Dr. Dr. Roland Ullrich und Charlotte Orschel
© Klaus Schmidt / Michael Wodak

Das kleinzellige Lungenkarzinom (SCLC) gehört zu den aggressivsten Tumorerkrankungen überhaupt. Trotz Fortschritten in der Therapie – etwa der Kombination aus Chemo- und Immuntherapie – gelingt es diesen Tumoren häufig, der Abwehrreaktion des Körpers zu entkommen. Dadurch werden sie resistent gegenüber modernen immuntherapeutischen Ansätzen. Warum das passiert, war bislang nur unzureichend verstanden.

Die medizinische Doktorandin Charlotte Orschel von der Mildred Scheel School of Oncology (MSSO) der Uniklinik Köln ist dieser Frage nachgegangen, gemeinsam mit ihrer Kollegin, der Biochemikerin Cyrielle L. Bouchez. Mit im Team war auch die Molekularbiologin Lydia Meder (vormals Uniklinik Köln, heute W2-Professorin an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen FAU) in der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Dr. Roland Ullrich, Oberarzt an der Klinik I für Innere Medizin und Leiter der MSSO. Anhand von Tumorproben von Patientinnen und Patienten sowie von Mausmodellen untersuchten sie, wie SCLC-Tumorzellen der Erkennung durch das Immunsystem entkommen.

Orschel fand heraus, dass Metastasen von SCLC deutlich weniger MHC-I-Moleküle bilden als die ursprünglichen Primärtumoren. MHC-I ist entscheidend dafür, dass das Immunsystem Tumorzellen als krankhaft erkennen kann. Zum ersten Mal konnte damit gezeigt werden, dass der Verlust von MHC-I den Tumorzellen offenbar hilft, der Immunabwehr zu entkommen. Was erklären würde, warum sich der Krebs so rasch im Körper ausbreitet. Wurde MHC-I in SCLC-Zellen experimentell ausgeschaltet, nahm die Zahl der Immunzellen im Tumor deutlich ab und der Krebs breitete sich stärker aus. Weitere Analysen zeigten, dass ein Signal über den ERBB2-Signalweg den Verlust von MHC-I fördert und die Immunantwort schwächt. Blockierten die Forschenden diesen Signalweg mit bereits klinisch erprobten ERBB2-Inhibitoren, wurde MHC-I wiederhergestellt – und das Immunsystem konnte den Tumor besser erkennen. Besonders vielversprechend: Die Kombination aus ERBB2-Blockade und einer Immuntherapie (anti-PD-1) verbesserte in SCLC-Mausmodellen die Wirksamkeit der Behandlung deutlich.

Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht. „Unser nächster Schritt wird nun hoffentlich sein, diese Kombinationstherapie in klinischen Studien mit Patientinnen und Patienten mit SCLC zu prüfen“ so Charlotte Orschel.

Prof. Ullrich würdigt die Leistung der Nachwuchswissenschaftlerin: „Es ist eine Besonderheit und ein beeindruckender Erfolg, dass eine so junge Forscherin bereits in einem derart hochrangigen Journal publiziert. Die Arbeit von Charlotte Orschel zeigt eindrucksvoll, wie eine Förderung bereits in frühen Karrierephasen zu international sichtbaren Ergebnissen führen kann.“

Die Mildred Scheel School of Oncology (MSSO) am Centrum für Integrierte Onkologie Aachen Bonn Köln Düsseldorf ist eines von fünf Mildred-Scheel-Nachwuchszentren in Deutschland, gegründet von der Deutschen Krebshilfe. Ziel ist es, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler exzellent auszubilden und zu unterstützen, damit neue Therapien schneller bei Patientinnen und Patienten ankommen. 


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