Köln: Genmutation löst Sprachstörungen, ADHS und Muskelschwäche aus

Wissenschaftler:innen der Unis Köln und Turin zeigen, dass Mutationen im CAPRIN1-Gen die Ursache für ADHS und weitere neurologische Störungen sind.

„Die neuen Forschungsergebnisse sind nicht nur für Betroffene und ihre Familien wichtig, die oft jahrelang nach Antworten suchen, um die Ursache ihrer Erkrankung zu verstehen, sondern auch für Ärzt:innen, die jetzt schnellere und genauere Diagnosen stellen können“
Professorin Dr. Brunhilde Wirth, Direktorin des Instituts für Humangenetik an der Uniklinik Köln
Symbolbild: ADHS - Zwei Gesichter
Symbolbild: ADHS
Bild: Adobe Stock

Zwei Studien zeigen, dass bestimmte Störungen des CAPRIN1-Gens erhebliche Folgen für Menschen haben. Zum einen zeigt das Forschungsteam, dass eine unzureichende Produktion des Protein CAPRIN1 im Gehirn zu Einschränkungen führen kann – darunter Autismus-Spektrum-Störungen, ADHS und Sprachstörungen. Weiterhin identifizierten die Wissenschaftler:innen eine spezifische Mutation im CAPRIN1 Gen (CAPRIN1P512L), die zu einer abnormalen Ansammlung von Eiweißen führt. Dies löst einen unsicheren Gang und Muskelschwäche aus. Die Studien wurden in den Fachjournalen Brain und Cellular and Molecular Life Science veröffentlicht.

Bedeutung von CAPRIN1-Gen bei ADHS und weiteren Erkrankungen

Das Forschungsteam identifizierte zwölf Patient:innen, die Mutationen im CAPRIN1-Gen aufwiesen. Bei ihnen wurde nur die Hälfte der Proteinmenge hergestellt. Lisa Pavinato, Doktorandin von Professor Dr. Alfredo Brusco an der Universität Turin und DAAD-Stipendiatin von Professorin Dr. Brunhilde Wirth an der Universität zu Köln sind das Team hinter der Studie. Sie zeigten, dass ein Zusammenhang zwischen der mangelnden Produktion des Eiweißes und bestimmten neurologischen Beeinträchtigungen vorlag. Die Betroffenen wiesen alle Sprachstörungen auf. 82 Prozent hatten ADHS und 67 Prozent waren von Autismus-Spektrum-Störungen und weiteren neurologischen Entwicklungsstörungen betroffen.

Bestätigt wurde die Funktion von CAPRIN1 in Laborexperimenten mit humanen induzierten pluripotenten Stammzellen. In diesen wurde mit der Genschere CRISPR/Cas9 das CAPRIN1-Gen, ähnlich wie bei den Betroffenen, ausgeschaltet. Zellen mit einer CAPRIN1-Mutation entwickeln verkürzte Prozesse und fehlerhafte Schaltkreise, die im Vergleich zu den gesunden Neuronen ohne Mutation eine verringerte elektrische Aktivität aufweisen.

Punktmutation in CAPRIN1-Gen bei Kindern

In einer zweiten Studie wurde drei Kindern aus unterschiedlichen Familien identifiziert, die eine neu-entstandene Punktmutation an einer bestimmten Stelle des CAPRIN1-Gens haben. An Position 512 fand hier ein Aminosäureaustausch von Prolin zu Leucin statt. Alle drei Kinder litten unter früh einsetzenden Bewegungsstörungen, Beeinträchtigung der Sprechmotorik, Gedächtnisstörungen und Muskelschwäche. Andrea delle Vedove, Doktorand von Professorin Wirth, zeigte, dass genau diese Mutation zu vielen Eiweißklumpen in neuronalen Zellen führt, ähnlich wie bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer oder Ataxie.


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