Aachen: Atemwege im Chip-Format können Rätsel um chronischen Husten lösen

PD Dr. Anja Lena Thiebes erhält für ihr Forschungsprojekt REVEAL einen ERC Starting Grant.

Dr. Anja Lena Thiebes, Forschungsgruppenleiterin Respiratorisches Tissue Engineering im Center for Biohybrid Medical Systems CBMS und Starting Grant der RWTH Aachen
Dr. Anja Lena Thiebes, Forschungsgruppenleiterin Respiratorisches Tissue Engineering im Center for Biohybrid Medical Systems CBMS und Starting Grant der RWTH Aachen

Organ on a Chip

Chronischer Husten zählt zu den Erkrankungen, auf die die Medizin noch keine passende Antwort gefunden hat. Um diese in Zukunft geben zu können, hat PD Dr. Anja Lena Thiebes an der NRW-Schwerpunktprofessur Biohybride & Medizinische Textilien (BioTex), Institut für Angewandte Medizintechnik (AME) der RWTH Aachen ein Modell entwickelt, mit dem im Labor die Atemwegsschleimhaut (Mukosa) nachgebildet werden kann, um Atemwegserkrankungen und deren Behandlung gezielt zu untersuchen. Dabei handelt es sich um eine sogenannte „Organ-on-a-Chip“-Methode, bei der die Atemwege mit Zellen von Patientinnen und Patienten im Miniaturmaßstab (auf Chip-Größe) nachgebildet werden.

Prestigeträchtige Förderung für Tissue Engineering

Für diesen Ansatz wird sie nun durch den Europäischen Forschungsrat ERC mit einem sogenannten Starting Grant gefördert. Damit erhält die Forschungsgruppenleiterin Respiratorisches Tissue Engineering für den Antrag „REVEAL“ eines der prestigeträchtigsten Förderinstrumente Europas.

Das ist eine große Stärke Aachens. Wir kennen die konkreten klinischen Bedarfe, wissen, was die Patientinnen und Patienten wirklich brauchen und haben für unsere Technologie die Partner in den Ingenieurwissenschaften.
PD Dr. Anja Lena Thiebes, Forschungsgruppenleiterin Respiratorisches Tissue Engineering, Institut für Angewandte Medizintechnik, RWTH Aachen

Fokus auf Atemwegen

Anja Lena Thiebes hat ihre Promotion 2016 an der RWTH abgeschlossen, war anschließend am Weiss Lab des Vermont Lung Center in den USA und arbeitet seit 2017 an der NRW-Schwerpunktprofessur Biohybride & Medizinische Textilien, welche weltweit für biohybride Implantate steht. Thiebes Fokus liegt auf den Atemwegen. Wenn sie aus ihrem Büro auf dem Campus Melaten schaut, dann sieht sie sowohl die Uniklinik RWTH Aachen wie auch die Institute aus dem Maschinenbau.

Zellen live beobachten

Bei der „Organ-on-a-chip”-Methode werden in einer Mikrofluidik-Kammer Zellen und Hydrogele eingebracht, die dann wachsen und ein Gewebe bilden. Ein Atemweg mit Nervenzellen im Miniformat – wobei sich die Wissenschaftlerin auf die oberen Atemwege, also auf Luftröhre und Bronchien konzentriert. Unter dem Mikroskop kann Thiebes mit ihrem Team in den Laboren des Instituts das Gewebe nicht nur wachsen sehen, sie kann live beobachten, wie die Zellen auf Reize reagieren und den Einfluss von Medikamenten testen.

„Mögliche Reize reichen von kalter Luft bis zu bestimmten Gerüchen. Das Problem der Patientinnen und Patienten ist, dass der Hustenreiz unkontrollierbar ist“, erläutert Thiebes. Zukünftig soll es mit dem Forschungsansatz möglich werden, für jede Patientin und jeden Patienten auf Basis eines individuellen Models eine maßgeschneiderte Behandlung zu entwickeln.

REVEAL-Projekt

Im Projekt „REVEAL“ geht es nun zunächst darum zu verstehen, wie der übermäßige Hustenreiz entsteht und welche Rolle die Zellen der Patientinnen und Patienten haben. Was passiert, wenn sie durch andere Zellen ersetzt werden? Was verändert sich nach einer akuten Erkrankung? Auf dem Weg zu Antworten wird sie viel Zeit im Labor verbringen. „Die Forschung kann am Ende dazu beitragen, den Patientinnen und Patienten konkret zu helfen. Das reizt mich an diesem Thema“, erklärt Thiebes, die damit die Medizin mit der Biologie verbindet – in Letzterer hat sie an der RWTH ihren Bachelor mit Vertiefung Neurobiologie bestritten.

Für „REVEAL“ wird ihre Forschung nun in den kommenden fünf Jahren mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert.


Weitere Informationen

Der Leuchtturm Biohybrid.NRW bringt interdisziplinäre Expert:innen aus Medizin, Naturwissenschaften und Ingenieurswissenschaften aus NRW zusammen und bildet die zentrale Kompetenzplattform der biohybriden Medizin in NRW.

Weitere Neuigkeiten aus NRW zu Innovationen, Forschungsergebnissen und Entwicklungen der innovativen Medizin finden Sie bei unseren News.


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