Digitale Reife deutscher Krankenhäuser nimmt zu – weiterhin Verbesserungspotenziale

Der Zwischenbericht zum digitalen Reifegrad deutscher Krankenhäuser zeigt klare Handlungsfelder auf und, dass der Weg zu einer umfassend digitalisierten Krankenhauslandschaft geebnet ist.

Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland zunehmend besser ab und innerhalb von nur drei Jahren konnten die deutschen Krankenhäuser ihren digitalen Reifegrad signifikant steigern. Gleichwohl ist es ein deutliches Signal für das Potenzial gezielter Investitionen in digitale Infrastrukturen.
Prof. Anne Snowdon, Chief Scientific Research Officer bei HIMSS
Symbolbild digitales Krankenhaus, eine Person im Hintergrund,, in der Hand scheint er mehrere Elemente einer Datenprojektion zu halten
Symbolbild digitales Krankenhaus
© woravut | stock.adobe.com

Die digitale Reife deutscher Krankenhäuser hat sich seit 2021 deutlich verbessert. Das zeigt der Zwischenbericht des DigitalRadar Krankenhaus Konsortiums. Danach stieg der durchschnittliche DigitalRadar-Score der Kliniken um gleich 9,1 auf 42,4 Punkte, Nordrhein-Westfalen ist unter den besten drei Bundesländern.

Die Ergebnisse bieten Krankenhäusern eine fundierte Grundlage zur Überprüfung und Weiterentwicklung ihrer Digitalisierungsstrategien sowie Bund und Ländern zur Bewertung digitaler Infrastrukturmaßnahmen.

„Die Ergebnisse der zweiten digitalen Reifegraderhebung machen deutlich, dass die Richtung stimmt und substanzielle Fortschritte gemessen werden konnten”, resümiert Prof. Dr. Volker Amelung, Konsortialsprecher des DigitalRadar und CEO des inav. „Für die Weiterentwicklung der Digitalisierung von Krankenhäusern ergeben sich klare Handlungsfelder – sei es in der weiteren Ausgestaltung von Fördermaßnahmen, der gezielten Unterstützung kleinerer Häuser oder im Abbau regionaler Ungleichheiten – aber der Weg zu einer umfassend digitalisierten Krankenhauslandschaft ist geebnet.“

Inhaltlich besonders auffällig ist der Fortschritt in den Bereichen „Patientenpartizipation” und Strukturen. Während die Partizipation der Patient:innen den größten relativen Zuwachs verzeichnet, zeigt die Dimension „Strukturen und Systeme“, den deutlichsten absoluten Anstieg. Beide Entwicklungen sprechen für eine zunehmende Verankerung digitaler Prozesse sowohl in der klinischen Organisation als auch in der Interaktion mit Patient:innen. „Das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) und die Anstrengungen auf Bundes-, Landes- und Krankenhausebene haben der Digitalisierung deutscher Krankenhäuser einen messbaren Schub gegeben“, zeigt sich Thomas Renner, Unterabteilungsleiter für Digitalisierung und Innovation im Bundesministerium für Gesundheit, zufrieden.

Die aktuelle Erhebung zeigt eine klare Entwicklung bei Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft. Sie weisen mit einem durchschnittlichen DigitalRadar-Score von 46,5 weiterhin die höchsten Werte unter den Trägerschaften auf. Sie liegen damit vor Krankenhäusern in freigemeinnütziger Einrichtungen (40,8) und privater Trägerschaft (39,7). Auch beim Zuwachs im Digitalisierungsgrad verzeichnen Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft mit einem Anstieg von 10,1 Punkten die stärkste Entwicklung. Krankenhäuser in freigemeinnütziger Trägerschaft verbesserten sich um 9,1 Punkte. Krankenhäuser in privater Trägerschaft um 7,8 Punkte – ein Unterschied, der unter anderem auf unterschiedliche Ausgangsniveaus zurückgeführt werden kann.

Ein vergleichbares Muster zeigt sich bei den Versorgungsstufen: Größere Krankenhäuser erzielen tendenziell höhere DigitalRadar-Scores. Maximalversorger erreichen im Durchschnitt 51,9 Punkte. Sowohl der höchste Wert als auch die größte absolute Steigerung gegenüber der ersten Erhebung (+10,8 Punkte). Grundversorger kommen im Mittel auf 38,3 Punkte. Die Ergebnisse unterstreichen den Zusammenhang zwischen der Größe beziehungsweise Versorgungsstufe einer Einrichtung und ihrem digitalen Reifegrad.

Auch im regionalen Vergleich zeigen sich teils deutliche Unterschiede: Berlin belegt mit einem durchschnittlichen DR-Score von 47,7 den Spitzenplatz, gefolgt von Sachsen (44,7) und Nordrhein-Westfalen (44,5). Am unteren Ende rangieren Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein (je 37,8) sowie das Saarland (37,9). „Diese Unterschiede liefern Hinweise darauf”, so Prof. Dr. Sylvia Thun, wissenschaftliche Projektleiterin des DigitalRadar, „wo politische Steuerung, gezielte Förderung oder unterstützende Maßnahmen auf Landesebene besonders wirksam ansetzen können. Mit einer geplanten dritten Erhebung lassen sich künftige Entwicklungen noch präziser erfassen und die Wirkung politischer Maßnahmen fundiert bewerten.“ Der DigitalRadar bleibt damit ein zentrales Steuerungsinstrument für ein zukunftsfähiges digitales Gesundheitssystem.

Die zweite Erhebungsrunde nutzte ein überarbeitetes Messinstrument. Neue gesetzliche Anforderungen, aktuelle Standards und technische Entwicklungen führten zur Integration von neun zusätzlichen Fragen, während eine Frage gestrichen wurde. Überarbeitete Fragestellungen, ergänzte Tooltips und erweiterte Antwortoptionen verbesserten die Aussagekraft und Praxisnähe der Erhebung spürbar. Gleichzeitig wurde der Fokus auf Datenqualität deutlich verstärkt: Rückfragen zu Unstimmigkeiten oder fehlenden Angaben wurden systematisch durch das Qualitätssicherungsteam geklärt, was eine valide und vergleichbare Datengrundlage für insgesamt 1.584 Krankenhäuser ermöglichte – also fast die gesamte Kohorte der an beiden Erhebungen teilnehmenden Häuser.

Zusätzlich erhielten alle teilnehmenden Krankenhäuser erneut individuelle Ergebnisberichte über ein digitales Dashboard. Diese bieten strukturierte Einblicke in den eigenen Digitalisierungsstand, differenziert nach Dimensionen, Subdimensionen und Förderkriterien. Durch grafische und tabellarische Darstellungen sowie Peer-Vergleiche wird das Tool zur konkreten Orientierungshilfe für das interne Digitalisierungsmanagement.

Das Konsortium „DigitalRadar Krankenhaus“ besteht aus den Projektpartnern HIMSS Europe, inav – Institut für angewandte Versorgungsforschung, Lohfert & Lohfert, RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Universität St. Gallen. 2021 wurde das Konsortium vom Bundesministerium für Gesundheit BMG im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) beauftragt, ein Instrument, den DigitalRadar, für die systematische Messung des digitalen Reifegrads deutscher Krankenhäuser zu entwickeln und so die Evaluation des Krankenhauszukunftsfonds zu ermöglichen. Er bietet datenbasierte Entscheidungsgrundlagen zur nachhaltigen Weiterentwicklung der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Das Projekt wird finanziert von der Europäischen Union durch das Programm NextGenerationEU.


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