24.05.2022
Dass sich sein schwaches Herz nicht mehr erholen wird, weiß Patrik Kalkuhl schon seit vielen Jahren. Dass aber Durst dabei einmal zu einem großen Problem für ihn werden könnte, hat er anfangs nicht geahnt. Die Qualen sind enorm, denn der 50-jährige gelernte Tischler aus Ennepetal darf pro Tag nicht mehr als anderthalb Liter Wasser zu sich nehmen – wasserhaltiges Obst und Gemüse wird mitgezählt. Die strikte ärztliche Trinkmengen-verordnung soll ihn vor zusätzlichen Wassereinlagerungen im Gewebe und in der Lunge bewahren, die sein sehr schwaches Herz noch mehr belasten und damit umso lebensbedrohlicher werden können. Denn Patrik Kalkuhl wartet im Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, auf ein Spenderherz.
„Durst ist ein klassisches Thema der Pflege“, sagt Franziska Wefer. „Trotzdem gibt es bisher nur wenige Forschungsarbeiten dazu.“ Das soll sich jetzt ändern: Die 34-jährige Pflegewissenschaftlerin, die seit vier Jahren in der Stabsstelle Pflegeentwicklung am HDZ NRW arbeitet, ist in Zusammenarbeit mit Dr.rer.cur. Stefan Köberich des Universitätsklinikums Freiburgs Projektleiterin der ersten deutschlandweiten Studie über den Zusammenhang von Durst und Mundtrockenheit im Rahmen einer chronischen Herzinsuffizienz (Par_cHeD). Insgesamt sieben universitäre und klinische Zentren sind an dem Forschungsvorhaben beteiligt: Weitere Kooperationspartner sind neben der Uniklinik Freiburg und dem HDZ NRW Bad Oeynhausen die Unikliniken Münster, Köln und Würzburg, das St. Josefs-Hospital Wiesbaden sowie das Deutsche Herzzentrum Berlin.
Patienten mit Herzschwäche leiden unter Durst
„Bisher wissen wir, dass mehr als die Hälfte aller Patienten mit einer Herzinsuffizienz Durst als Belastung empfindet“, erläutert Franziska Wefer das Forschungsprojekt. „Wir wissen, dass entwässernde Medikamente, sogenannte Diuretika, das Durstgefühl zum Teil immens fördern und dass es Unterschiede gibt zwischen jungen und älteren Patienten, zwischen Männern und Frauen, zum Beispiel die Tageszeit eine Rolle spielen kann und es womöglich weitere quantitative und qualitative Faktoren gibt, die das Durstempfinden beeinflussen können.“ Über 800 Befragungen von Patientinnen und Patienten, die aufgrund ihrer chronischen Herzschwäche stationär oder ambulant behandelt werden, wollen die Pflegeforschenden über einen Zeitraum von 18 Monaten in dieser ersten nationalen Prävalenzstudie sammeln und auswerten. Die erhobenen Daten sollen dazu beitragen, Beratungskonzepte zu entwickeln, die dann als pflegerische Leitlinie zum Thema Durst auch einrichtungsübergreifend und multiprofessionell umgesetzt werden könnten. Mit der Förderung von Selbstpflegefähigkeiten bei starkem Durstgefühl setzt sich Franziska Wefer auch in ihrer Doktorarbeit auseinander, die sie derzeit am Institut für Pflegewissenschaft der Uniklinik Köln (Universität zu Köln) bei Prof. Dr. Sascha Köpke vorbereitet.