Bonn: Kombination zweier Blutmarker verbessert Diagnosegenauigkeit bei ALS

Eine neue Studie zeigt: Mit der Kombination aus zwei Blutmarkern lässt sich die Diagnose von Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) deutlicher von ähnlichen Erkrankungen abgrenzen – und das mit etablierten Routinetests.

(v. l.):  Dr. Patrick Weydt, Paula Lindenborn und Dr. Sarah Bernsen , ALS
(v. l.): UKB-Forschungsteam um Dr. Patrick Weydt, Paula Lindenborn und Dr. Sarah Bernsen entdeckt: Kombination aus zwei Blutmarkern erhöht Diagnosegenauigkeit bei ALS.
© UKB | A. Winkler

Die Diagnose der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) bleibt trotz moderner Bildgebung und genetischer Tests eine Herausforderung, insbesondere bei der Abgrenzung zu klinisch ähnlichen neurodegenerativen Erkrankungen. Eine neue Studie unter Federführung des Universitätsklinikums Bonn (UKB) in Kooperation mit dem Alfried Krupp Krankenhaus Essen zeigt nun, dass die Kombination zweier Blut-Biomarker – Neurofilament-Leichtketten (sNfL) und kardiales Troponin T (cTnT) – die diagnostische Genauigkeit bei ALS signifikant erhöht. Die Studienergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Annals of Neurology“ veröffentlicht.

Während sNfL bereits als etablierter Marker für neuroaxonale Schädigung gilt, ist es nicht spezifisch für ALS. cTnT hingegen, ein klassischer Herzmarker, zeigt bei ALS-Patient:innen aufgrund muskelspezifischer Veränderungen ebenfalls erhöhte Werte – jedoch ohne Herzpathologie. In der vorliegenden Studie wurde der diagnostische Wert beider Marker sowohl einzeln als auch in Kombination untersucht.

Insgesamt wurden retrospektiv Daten von 293 ALS-Patient:innen mit 85 Patient:innen mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen sowie 29 gesunden Kontrollpersonen verglichen. Zusätzlich validierte eine unabhängige Kohorte von 501 ALS-Patient:innen die Ergebnisse.
Die Auswertung mittels ROC-Kurvenanalyse ergab, dass die kombinierte Biomarkerstrategie die Trennschärfe gegenüber anderen Erkrankungen deutlich verbessert – ein entscheidender Fortschritt für die Frühdiagnostik.

Ein weiterer Befund der Studie ist die Festlegung eines ALS-spezifischen Schwellenwerts für cTnT bei 8,35 ng/L – deutlich unter dem etablierten kardiologischen Grenzwert (14 ng/L). Mit diesem angepassten Cut-off konnte die Sensitivität der ALS-Diagnostik weiter gesteigert und zusätzliche Betroffene korrekt identifiziert werden.

Die Studie zeigt zudem, dass ALS-Patient:innen mit unauffälligen Biomarkerwerten („biomarker-negativ“) deutlich langsamere Krankheitsverläufe aufweisen als „biomarker-positive“ Patient:innen. Bei den Studienteilnehmenden lag die mittlere Krankheitsdauer der biomarker-negativen Gruppe bei 73 Monaten gegenüber 18 Monaten in der biomarker-positiven Gruppe. Auch die Krankheitsprogression verlief signifikant langsamer.

„Unsere Ergebnisse belegen, dass die Kombination von sNfL und cTnT die diagnostische Genauigkeit bei ALS erhöht und darüber hinaus wertvolle Hinweise auf den Krankheitsverlauf geben kann“, sagt PD Dr. Patrick Weydt, Leiter Ambulanz für ALS und andere Motoneuronerkrankungen am UKB. Der Studienleiter forscht auch an der Universität Bonn. „Gerade im klinischen Alltag ist es entscheidend, ALS frühzeitig und zuverlässig von anderen neurologischen Erkrankungen abgrenzen zu können. Die Kombination aus sNfL und cTnT bietet hier einen echten diagnostischen Mehrwert – und das mit etablierten, routinetauglichen Labormethoden“, ergänzt Dr. Torsten Grehl, Zentrum für ALS und andere Motoneuronerkrankungen vom Alfried Krupp Krankenhaus Essen. Die duale Markerstrategie könnte künftig helfen, ALS früher und sicherer zu diagnostizieren – und Subgruppen mit unterschiedlicher Prognose zu identifizieren. Die Erkenntnisse würden somit neue Perspektiven für die personalisierte ALS-Diagnostik und -Therapieentwicklung bieten.

Beteiligte Institutionen: Neben UKB, der Universität Bonn und DZNE waren das Alfried Krupp Krankenhaus in Essen und die Charité – Universitätsmedizin in Berlin sowie die Ambulanzpartner Soziotechnologie APST GmbH in Berlin an der Studie beteiligt.


Weitere Informationen

KliFoNet.NRW steht für Klinisches Forschungsnetzwerk NRW. Der Leuchtturm ist die zentrale Plattform für Austausch und Organisation zur klinischen Forschung in NRW. Mehr Informationen zum Leuchtturm finden Sie auf www.KliFoNet.nrw.

Weitere Neuigkeiten aus NRW zu Innovationen, Forschungsergebnissen und Entwicklungen der innovativen Medizin finden Sie bei unseren News.


Beitrag teilen:
X
LinkedIn
Mail
Link kopieren