13.07.2023
Fragen des Geschlechts und der Geschlechterverhältnisse sind für viele wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche relevant, beispielsweise für die medizinische Vorsorge und Therapie oder in Familie und Schule. Die Geschlechterforschung ist ein wichtiges disziplinenübergreifendes Forschungsfeld und deckt ein breites thematisches Spektrum von der Grundlagen- bis zur anwendungsorientierten Forschung ab. Der Wissenschaftsrat hat den Stand der Geschlechterforschung in Deutschland erstmals breit erfasst und Empfehlungen zu ihrer Weiterentwicklung erarbeitet.
„Die Geschlechterforschung ist ein dynamisches und auch international zukunftsträchtiges Forschungsfeld mit großer Transferrelevanz,“ betont der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Wolfgang Wick. „Im internationalen Vergleich besteht allerdings Nachholbedarf, insbesondere in den technischen Disziplinen und der Medizin“, so Wick. Außerdem sei eine konsequente Unterscheidung zwischen Geschlechterforschung und Gleichstellungspolitik notwendig, auch wenn inhaltliche Berührungspunkte und sinnvolle Kooperationen bestehen. „Die Forschung darf nicht auf eine Zuarbeit für Gleichstellungsziele verkürzt werden“, unterstreicht Wick.
Rolle der Geschlechterforschung in der Medizin – Eindordnung von Prof. Dr. Sabine Oertelt-Prigione
Im virtuellen Pressegespräch zur Vorstellung des Gutachtens gibt Professorin Dr. Sabine Oertelt-Prigione, die an der Erstellung der Empfehlungen mitgewirkt hat, eine Einschätzung zur Rolle der Geschlechterforschung für die Medizin. Oertelt-Prigione ist Professorin für Geschlechtersensible Medizin an der Universität Bielefeld und am Radboud University Medical Center. Darüber hinaus engagiert Sie sich auch im neu gegründeten Leuchtturm Gendermedizin.NRW.
Empfehlungen zu Forschung und Strukturen
An das Forschungsfeld richtet der Wissenschaftsrat unter anderem die Empfehlung, sich intensiver um die Einwerbung größerer Verbundforschungsprojekte zu bemühen bzw. sich noch stärker in bestehende Verbünde zu integrieren, um durch Vernetzung innovative Anstöße zu erhalten und an andere weiterzugeben. Auch mit Blick auf eine stärkere Internationalisierung sieht der Wissenschaftsrat das Forschungsfeld in der Pflicht.
Darüber hinaus spricht der Wissenschaftsrat Empfehlungen etwa zu Studiengängen und Zertifikatsprogrammen, zur Forschungsförderung und zu Forschungsinfrastrukturen, aber auch zum Verhältnis zu verwandten Forschungsfeldern aus. Mit Sorge beobachtet er Diffamierungen und personenbezogene Angriffe auf Forschende und Studierende des Feldes und bekräftigt seine Empfehlungen zu deren Schutz durch die Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen.
Weitere Informationen
Der Leuchtturm Gendermedizin.NRW beschäftigt sich mit der Berücksichtigung von Geschlechts- und Genderaspekten in der medizinischen Forschung sowie in der Vorsorge, Diagnose, Therapie und Nachsorge.
Gleichzeitig dient der Leuchtturm als zentrale Plattform für Vernetzung und Austausch in NRW.
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