07.12.2021

© UW/H
In sozialen Medien sind zunehmend Online-Selbsthilfegruppen aktiv, die vor allem chronisch Kranken einen einfachen und niedrigschwelligen Austausch ermöglichen. Dabei werden Erfahrungen in Bezug auf bestimmte Therapien geteilt; die Betroffenen geben einander aber häufig auch emotionale Unterstützung, da der Leidensdruck innerhalb einer Selbsthilfegruppe besonders gut verstanden wird. Darüber hinaus tauschen sich Patientinnen und Patienten über Lösungen für Probleme aus, die im Kontext ihrer Erkrankung entstehen. Daher bieten diese Social Media-Daten Einblicke in unterschiedlichste Krankheitsbilder und Bedürfnisse.
Diese Informationen haben das Potenzial, patientenzentrierte medizinische Innovationen zu fördern, weil sie die alltäglichen realen Bedürfnisse der Betroffenen abbilden. Hierbei gibt es jedoch ein Problem: Die manuelle Verarbeitung, Auswertung und Analyse dieser großen Datenbestände ist praktisch unmöglich. Mithilfe von
, einer automatisierten, oft durch künstliche Intelligenz gestützten Analyse von Social Media Daten, ist dies jedoch lösbar. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Witten/Herdecke (UW/H) und aus zwei Pharmaunternehmen zeigen in einem jetzt publizierten Aufsatz in der renommierten Zeitschrift „ “ ( 7,85) Methoden und Anwendungsfälle von g für das Innovationsmanagement der Pharmaindustrie auf.Einsatzmöglichkeiten für
in Online-Selbsthilfegruppen kann zunächst vor allem eingesetzt werden, um die Beschreibung der Bedürfnisse von Patienteninnen und Patienten in deren eigenen Worten in Datenmengen zu identifizieren und im Hinblick auf ihre Wichtigkeit zu priorisieren. Aus diesen Daten können in einem nächsten Schritt auch Patientengruppen mit ähnlichen Bedürfnissen gebildet und weiter untersucht werden. Die Ergebnisse dieser Analysen können bei der Forschung zu patientenzentrierten Arzneimittel genutzt werden. In späteren Phasen des Entwicklungsprozesses können sie die Rekrutierung über Social Media für die Teilnahme an Studien unterstützen.
Doch
ermöglicht noch ganz andere Einblicke: „Wir können in den Daten auch erkennen, wenn Arzneimittel außerhalb der bisherigen Zulassung von Patienten für bestimmte Erkrankungen eingenommen werden“ erklärt Jonathan Koß, Erstautor der Studie und Doktorand am Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen der Universität. „Daraus können dann Hypothesen für Drug Repurposing gebildet werden, also Überlegungen für die Zulassung eines bestehenden Wirkstoffs für eine bisher nicht besetzte Indikation.“ Ein weiterer Anwendungsfall ist die Suche nach Berichten zu Ereignissen, die auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen hinweisen. „Insgesamt bietet großes Potential zur Erschließung von Innovationsimpulsen. Dies kann die Entwicklung von Arzneimitteln unterstützen, die einen Wert für Patienten haben und dann auch kommerziell erfolgreich sind“, ordnet Projektleiterin Prof. Dr. Sabine Bohnet-Joschko die Ergebnisse ein.Hintergrund: ATLAS ITG
Die Publikation ist im Rahmen des Projektes ATLAS ITG entstanden. Das Projekt wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert. Es unterstützt den Theorie-Praxis-Transfer durch eine Auswertung aktueller Studien und führt Leuchtturmprojekte sowie Akteure der digitalen Gesundheitswirtschaft in NRW zusammen.
Weiterführende Informationen
Meldung der UW/H vom 07.12.2021
Originalpublikation in Drug Discovery Today