30.03.2021
Mehr Freiräume für die Forschung
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wird künftig ausgewählte Universitätskliniken finanziell dabei unterstützen, ihren Fachärztinnen und Fachärzten mehr Freiräume für ihre Forschungstätigkeit einzuräumen. Dadurch soll der Wissenstransfer zwischen Forschung und Versorgung verbessert werden. Die Auswahlentscheidung, an welchen Universitätskliniken in Deutschland entsprechende Programme gefördert werden, ist nunmehr getroffen worden. Unterstützt werden Programme an acht Standorten der Universitätsmedizin. Dafür hat das BMBF insgesamt rund 100 Millionen Euro vorgesehen. In einer ersten Förderrunde sollen bis zu 100 Stellen für forschende Fachärztinnen und Fachärzte geschaffen werden. Der Bund fördert den zusätzlichen Forschungsanteil der Stellen pro Jahr mit bis zu 130.000 Euro je Stelle. Das BMBF unterstützt diese Programme in der Universitätsmedizin für maximal zehn Jahre.
Karliczek: Bestmögliche Rahmenbedingungen bieten
Dazu erklärt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: „Im Klinikalltag ist es häufig die Gruppe der forschenden Fachärztinnen und Fachärzte, auf die es sowohl bei der Forschung als auch bei der Krankenversorgung am meisten ankommt. Sie bilden damit das Rückgrat für einen gelungenen Wissenstransfer. In vielen Fällen aber ist der Spagat zwischen Forschung und Versorgung sehr herausfordernd für die einzelne Ärztin und den einzelnen Arzt. […] Hier setzt unsere Initiative an, mit der wir einen Kulturwandel in der Universitätsmedizin unterstützen wollen. An den Stellen, wo vielleicht Hierarchien und starre Strukturen der Entfaltung der vorhandenen Forschungspotentiale im Wege stehen, wollen wir diese transformieren. Unser Ziel ist, den forschenden Fachärztinnen und Fachärzten bestmögliche Rahmenbedingungen zu bieten.“
Zwei Standorte aus Nordrhein-Westfalen
Insgesamt acht Standorte aus ganz Deutschland wurden auf Empfehlung eines international besetzten Begutachtungsgremiums ausgewählt. Mit Bonn und Essen sind zwei Standorte aus NRW vertreten.
Bonn: ACCENT
Für das Vorhaben erhalten die Medizinische Fakultät und das UKB etwa 9.000.000 Euro, mit denen das Programm „ACCENT“ (Advanced Clinician Scientist Program Bonn) aufgebaut wird. Mit dem innovativen Konzept werden forschende Fachärztinnen und Fachärzte mit den Schwerpunkten Immunologie, Neurowissenschaften, Genetik und Epidemiologie sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Onkologie unterstützt. Hierfür werden sie zusätzlich zu ihrer klinischen Tätigkeit über Ko-Affiliierung mit Forschungsinstituten eng an Forschungsverbünde wie Sonderforschungsbereiche und das Exzellenzcluster ImmunoSensation2 angebunden.
Die Sprecherinnen des Bonner Programms sind Prof. Dr. Anja Schneider, Direktorin der Klinik für Neurodegenerative Erkrankungen und Gerontopsychiatrie und Gruppenleiterin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und Prof. Dr. Annkristin Heine, stellvertretende Klinikdirektorin und leitende Oberärztin der Abteilung für Onkologie, Hämatologie, Immunonkologie und Rheumatologie an der Medizinischen Klinik III. „Für einen langfristigen Erfolg und eine nachhaltige Wirkung des ACS-Programms, sind Chancengleichheit und attraktive Karriereperspektiven für die Teilnehmenden entscheidend. Außerdem setzt die Medizinische Fakultät auf Kontinuität und finanziert das ACS-Programm mit dem Fakultäts-Budget über die Erstfinanzierung hinaus“, sagt Sprecherin Anja Schneider. Wer teilnimmt, erhält infolge der Förderung große Unabhängigkeit in der Forschung.
Essen: UMEA²
Das Programm der Advanced Clinician Scientist Academy (UMEA²) an der Universitätsmedizin Essen (UME) wird forschende Fachärztinnen und Fachärzte unterstützen, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung schneller in die klinische Anwendung zu bringen, um die passgenaue Behandlung von Patientinnen und Patienten zu verbessern. Thematisch wird die Forschung an den Schnittstellen zwischen Gehirn und Herz, Onkologie und Immunologie sowie Transplantation, Immunologie und Infektiologie erfolgen.
Ein besonderes Highlight ist die Möglichkeit zur Einrichtung und Leitung einer eigenen unabhängigen Forschungsgruppe, die vom BMBF und der Medizinischen Fakultät kofinanziert wird. Inhaltlich fokussiert sich das Programm auf die drei klinisch-wissenschaftlichen Schnittstellen der Universitätsmedizin Essen: „Herz-Hirn“, „Onko-Immun“ und „Transplant-Immun/Infekt“. In die Ausbildung der Teilnehmenden werden unter anderem auch gezielt neueste Methoden wie fortgeschrittene Statistik, Big Data und Künstliche Intelligenz einbezogen. Ein besonderer Focus liegt auf der Förderung von Frauen – mindestens die Hälfte der Stellen ist exzellenten Wissenschaftlerinnen vorbehalten. Die Medizinische Fakultät finanziert eigens fünf W2-Professuren im sogenannten Tenure-Track-Verfahren. „Wir möchten damit das klare Signal aussenden, dass wir unsere exzellenten klinisch tätigen Forscherinnen und Forschern langfristig an die Universitätsmedizin binden wollen“, betont Prof. Dr. Jan Buer, Dekan der Medizinischen Fakultät der UDE.
Hintergrund
Grundlage der Förderung durch das BMBF ist die „Richtlinie zur Förderung von forschenden Fachärztinnen und Fachärzten in der Universitätsmedizin“ vom 8. Oktober 2020. Zentrale Elemente der nun zur Förderung kommenden Programme sind geschützte Forschungszeiten (idealerweise 50 Prozent der Arbeitszeit) und ein individuell zugeschnittenes Qualifizierungs-, Mentoring- und Führungsprogramm. Die Programme zielen darauf ab, die Chancengerechtigkeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Die Entscheidung des BMBF für die vielversprechendsten Programmkonzepte fiel auf Grundlage der Empfehlungen eines international besetzten Begutachtungsgremiums. Die Förderinitiative ist so angelegt, dass eine zweite Förderrunde – vorbehaltlich künftiger forschungs- und haushaltspolitischer Entscheidungen – für weitere 100 Advanced Clinician Scientists durchgeführt werden kann.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung des BMBF vom 29.03.2021
Meldung des Universitätskliniums Bonn vom 29.03.2021
Meldung der Universität Duisburg-Essen vom 29.03.2021
Bekanntmachung des BMBF zu Advanced Clinician Scientists