22.02.2021
Um die klinische Relevanz eines Unterschieds zwischen zwei Therapiealternativen zu zeigen, enthalten die eingereichten Herstellerdossiers im Rahmen der frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel seit einigen Jahren vermehrt Responderanalysen für patientenrelevante Endpunkte. In solchen Analysen wird untersucht, ob sich der Anteil an Patientinnen und Patienten, die eine spürbare Veränderung im jeweiligen Endpunkt erfahren haben, zwischen den beiden Behandlungsgruppen einer Studie unterscheidet. Dabei geht es um Angaben zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität oder zu einzelnen Symptomen wie Schmerzen oder Juckreiz, die Patientinnen und Patienten mithilfe von Skalen in Fragebögen erfasst haben.
Doch ab welchem Unterschied ist eine Veränderung für den Einzelnen bedeutsam? Ab welchem Schwellenwert kann also ein Ansprechen (engl. response) auf eine Intervention für die Patientin oder den Patienten abgeleitet werden, sodass beispielsweise die Differenz der Responseraten zweier Gruppen als Effektmaß für die Nutzenbewertung verwendet werden kann?
Um diese Frage zu beantworten, hat sich die methodische Diskussion lange um sogenannte minimal important differences (MID, kleinste bedeutsame Unterschiede) gedreht. Dem Ansatz liegt die Überlegung zugrunde, dass sich für die jeweiligen Fragebögen Schwellen identifizieren lassen, die die kleinste für Patientinnen und Patienten bedeutsame Änderung darstellen. Jedoch wurden zuletzt methodische Probleme dieses Ansatzes sichtbar. So hat sich gezeigt, dass eine MID keine feste Größe für einen Fragebogen darstellt, sondern variabel ist. Sie hängt beispielsweise von der Art und Schwere einer Erkrankung, der untersuchten Richtung einer Veränderung (Verbesserung oder Verschlechterung) oder auch der Methodik ab, mit der sie ermittelt wird.
Aus der Sichtung neuer wissenschaftlicher Übersichtsarbeiten zum Thema hatte das IQWiG daher im Vorjahr einen Wert von 15 % der Spannweite der jeweiligen Skalen als plausiblen Schwellenwert für eine zwar noch kleine, aber hinreichend sicher spürbare Veränderung identifiziert. In seinen im November 2020 veröffentlichten Allgemeinen Methoden 6.0 legte das Institut dann konkret fest, dass es künftig ab einem Grenzwert von mindestens 15 % der Skalenspannweite des verwendeten Erhebungsinstruments Responderanalysen für die Bewertung heranzieht.
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Zur Pressemitteilung beim idw.
Weiterführende Informationen beim IQWiG.