Essen: Medikamente im Alter – Videoanalyse zeigt Anwendungsfehler

Je älter Menschen werden, desto mehr Medikamente müssen sie in der Regel einnehmen – möglichst vorschriftsgemäß nach Verordnung und Packungsbeilage. Das funktioniert leider nicht immer so gut, wie es sollte.

Je älter Menschen werden, desto mehr Medikamente müssen sie in der Regel einnehmen – möglichst vorschriftsgemäß nach Verordnung und Packungsbeilage. Das funktioniert leider nicht immer so gut, wie es sollte: Tabletten werden mit dem Obstmesser in ungleiche Hälften zerteilt und Tropfen ohne Lesebrille auf den Löffel gezählt. Solche Anwendungsfehler betreffen auch Patient:innen, die geistig fit sind, ohne fremde Hilfe im eigenen Haushalt leben und selbstständig ihren Hausarzt oder ihre Hausärztin aufsuchen.
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Lücke in der Wahrnehmung

„Wenn Medikamente nicht korrekt eingenommen werden, können die Therapieziele oft nicht erreicht werden“, erklärt Dr. Janine Gronewold. Sie ist Wissenschaftlerin am UDE-Lehrstuhl für vaskuläre Neurologie. Meist fällt es den Betroffenen nicht auf, wenn sie ihre Medikamente falsch einnehmen. Zwischen ihrer Selbsteinschätzung und ihren tatsächlichen Fähigkeiten klafft häufig eine große Lücke, die auch die behandelnden Ärzt:innen nur selten bemerken.

Untersuchung der Selbstmanagement-Fähigkeiten

In ihrer ABLYMED-Studie untersuchen Wissenschaftler:innen der Medizinischen Fakultäten der Universität Duisburg-Essen (UDE) und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), wie es um diese Medikamenten-Selbstmanagement-Fähigkeiten bestellt ist und ob man diese unabhängig und objektiv durch medizinisches Personal bewerten lassen kann. 67 über 70-Jährige, die regelmäßig mehr als fünf Medikamente einnehmen, nahmen während eines stationären Aufenthalts am Universitätsklinikum Düsseldorf an dieser Studie teil. Sie sind dabei gefilmt worden, wie sie verschiedene Medikamente anwenden. Dabei kam ein neuartiges Bewertungsschema zum Einsatz.

Fehler in der Medikamentenanwendung können gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben

„Zur Beurteilung haben sich bis zu 19 Personen die Videoaufzeichnungen angesehen und die Selbstmedikationsfähigkeiten der Senior:innen eingeschätzt“, erklärt Anneke Lügering. Sie ist Doktorandin am Institut für Allgemeinmedizin an der HHU und Erstautorin der kürzlich veröffentlichten Studie. Tatsächlich konnten nach einer kurzen Schulung bereits Medizinstudierende aus den klinischen Semestern das Bewertungsschema sicher anwenden und die Selbstmedikationsfähigkeiten damit objektiv und zuverlässig einschätzen. „Wenn Fehler in der Medikamentenanwendung unerkannt bleiben, kann das gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben“, sagen die Autor:innen der Studie.

Wenn die verordneten Medikamente sorgfältig dosiert und korrekt angewendet werden, ermöglicht das vielen Senior:innen ein sichereres Altwerden und eine längere Selbstständigkeit.
Anneke Lügering, Doktorandin am Institut für Allgemeinmedizin an der HHU

Entwicklung von Patient:innen-Schulungen

Die Ergebnisse der Forschenden sollen zum einen Ärzt:innen ermutigen, mit ihren älteren Patient:innen häufiger über die richtige Anwendung von verordneten Medikamenten zu sprechen. Dabei können sie ihnen mögliche Fehlerquellen aufzeigen. Auch bei der Verschreibung sollten sie dies berücksichtigen. „Im Idealfall könnte beispielsweise ein niedriger dosiertes Präparat verordnet werden, das dann nicht umständlich am heimischen Küchentisch halbiert werden muss“, so Gronewold. Zum anderen wünschen sich die Forschenden, dass mit ihrem neuen Bewertungsschema die Entwicklung von Patient:innen-Schulungen unterstützt wird. „Wer ein Gespür für potentielle Fehlerquellen bekommt, kann sie leichter vermeiden“, erklärt Lügering. „Und wenn die verordneten Medikamente sorgfältig dosiert und korrekt angewendet werden, ermöglicht das vielen Senior:innen ein sichereres Altwerden und eine längere Selbstständigkeit.“

Über die ABLYMED-Studie

Derzeit wertet das Forschungsteam der ABLYMED-Studie auch eine Befragung aus, in der die Patient:innen über ihre selbst wahrgenommenen Probleme in der Medikamentenanwendung berichten. Außerdem analysiert das Team, inwieweit die subjektive Einschätzung mit den tatsächlichen Fähigkeiten im Video übereinstimmt und welche Faktoren die Medikamenten-Selbstmanagement-Fähigkeiten beeinflussen.


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