17.08.2021
Für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten sind viele verschiedene Faktoren verantwortlich. Bekannt ist: Der Ausbreitungsprozess hängt im Wesentlichen von der Ansteckungsfähigkeit des Erregers und der Immunantwort des Wirts, aber auch vom menschlichen Verhalten ab. Das betrifft zum Beispiel die Frage, inwieweit Abstandsregelungen eingehalten werden. Weniger häufig beachtet wird allerdings die Tatsache, dass sich die Faktoren und ihr Einfluss je nach Personengruppen stark unterscheiden können – sowohl auf biomedizinischer als auch sozioökonomischer Ebene. Diese sogenannte interindividuelle Variabilität wollen Mathematiker:innen, Mediziner:innen und Ökonom:innen jetzt in einem gemeinsamen Kooperationsprojekt der Universität Bonn und des Universitätsklinikums München unter die Lupe nehmen. Das Ziel ist es, neue Faktoren zu bestimmen, die für die Übertragung oder Eindämmung von SARS-CoV-2-Viren relevant sind. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit mehreren Hunderttausend Euro, von denen 270.000 Euro nach Bonn gehen.
In ihrem Projekt wollen die Forschenden einen sogenannten systemepidemiologischen Ansatz etablieren, der sowohl biomedizinische als auch ökonomische Aspekte berücksichtigt. Das bedeutet, dass sie sowohl die interindividuelle Variabilität der Wirt-Virus-Interaktion bei einer SARS-CoV-2-Infektion als auch die Entscheidungsprozesse von gesunden und infizierten Personen in verschiedenen ökonomischen und sozialen Interaktionen untersuchen.
Koordinator des Projekts ist der Biologe Dr. Christoph Geldmacher vom Klinikum der LMU München. Dort ist auch die groß angelegte „Munich-KoCo19-Kohortenstudie“ verankert, die den Forschenden für ihr Projekt Daten von bis zu 6.000 Menschen liefert. Vonseiten der Universität Bonn sind die Antragsteller des Projekts der Mathematiker Prof. Dr. Jan Hasenauer, der sich mit rechnergestützten Lebenswissenschaften beschäftigt, und die Mikroökonomin Prof. Dr. Lena Janys. Sie beschäftigt sich mit Modellen der Entscheidungsfindung. Beide Forschenden sind im Exzellenzcluster Hausdorff Center for Mathematics und im Transdisziplinären Forschungsbereich „Mathematik, Modellierung und Simulation komplexer Systeme“ der Universität Bonn aktiv und bringen ihre unterschiedlichen Expertisen in das Projekt ein.
Das Projekt ist thematisch in den Transdisziplinären Forschungsbereich „Mathematik, Modellierung und Simulation komplexer Systeme“ der Universität Bonn eingebettet – einem von sechs uniweiten, fakultätsübergreifenden Verbünden mit verschiedenen Themenschwerpunkten. Sie wurden im Zuge der Exzellenzförderung vor rund eineinhalb Jahren an der Universität Bonn eingerichtet, denn schon vor der Corona-Pandemie wurde deutlich: Große gesellschaftliche Herausforderungen und die damit zusammenhängenden komplexen Fragen kann keine wissenschaftliche Disziplin allein beantworten.
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Zur Pressemitteilung der Uni Bonn.