Bonn: Start des Virtual-Brain-Twin-Projekts

Mit dem von der Europäischen Union geförderten Projekt soll die Versorgung und Behandlung bei psychischen Erkrankungen verbessert werden.

3 D Gehirn schwebt über einer Hand
Symbolbild: Gehirn
© AdobeStock | vegefox.com

In der Europäischen Union sind psychische Störungen ein wachsendes Problem. Der Bedarf an wirksamen Behandlungen war noch nie so groß wie heute. Die Schizophrenie, von der rund ein Prozent der Weltbevölkerung betroffen ist, zeigt die Grenzen der derzeitigen therapeutischen Möglichkeiten auf. 30 bis 50 Prozent der Patientinnen und Patienten sprechen auf die Medikamente nur unzureichend an.

Nun fördert die Europäische Union das Projekt Virtual Brain Twin in den nächsten vier Jahren mit rund 10 Millionen Euro. Die Universität Bonn ist beteiligt. Das Center for Life Ethics befasst sich mit den ethischen Fragen. Jetzt fand das Kick-Off-Meeting in Brüssel statt.

Das Anfang des Jahres gestartete und von EBRAINS AISBL koordinierte Projekt “Virtual Brain Twin for Personalised Treatment of Psychiatric Disorders” (Virtueller Gehirnzwilling für die personalisierte Behandlung psychiatrischer Störungen) stellt einen innovativen Ansatz für die Versorgung psychisch erkrankter Menschen dar. Es zielt darauf ab, individuelle virtuelle Gehirnzwillinge für Patientinnen und Patienten mit Schizophrenie zu entwickeln. Dazu werden neuronale Mikroschaltkreissimulationen, mathematische Analysen, innovative Anwendungen von Künstlicher Intelligenz (KI) und Erkenntnisse aus der psychiatrischen Versorgung und aus klinischen Studien genutzt.

Ziel der Virtual-Brain-Twin-Plattform ist es, Kliniker bei der Optimierung der Art und Dosierung von Medikamenten zu unterstützen. Zudem gilt es, alternative Behandlungen wie Hirnstimulation und Änderungen des Lebensstils zu erforschen. Durch die Nutzung von Big Data, Multiskalenmodellen und Hochleistungscomputern soll diese Plattform die Ebenen von den Molekülen über kleine und größere Netzwerke bis hin zum gesamten Gehirn miteinander verbinden. Natürlich ist alles geschützt, um die Datensicherheit zu gewährleisten.

Eingebettet ist die Plattform Virtual Brain Twin in die europäische Forschungsinfrastruktur für digitale Neurowissenschaften, EBRAINS. Zunächst ist sie für Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, klinische Forschende und mathematische Modellierende geplant. In Zukunft soll sie auch für Kliniken und zu Therapierende zugänglich sein, um bessere Behandlungsergebnisse zu erzielen. Dieses auf vier Jahre angelegte Projekt wird von der Europäischen Kommission im Rahmen der Initiative Horizon Health Europe Calls 2023 mit zehn Millionen Euro gefördert und soll eine Vorreiterrolle in der Entwicklung personalisierter Medizin in der Psychiatrie spielen.

Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Viktor Jirsa, Direktor des Inserm Institut de Neurosciences des Systèmes an der Aix-Marseille-Université, Frankreich, und Chief Science Officer EBRAINS AISBL, wird sich das Projekt auf Schizophreniepatientinnen und -patienten konzentrieren. “Das Projekt Virtual Brain Twin zielt nicht nur darauf ab, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, sondern auch die Entwicklung personalisierter Behandlungen voranzutreiben”, so Jirsa.

„Virtuelle Gehirnzwillinge zur Verbesserung der Behandlung schizophrener Patientinnen und Patienten werfen viele spannende ethische Fragen auf“, sagt Prof. Dr. Christiane Woopen vom Center for Life Ethics. Sie ist auch Mitglied in den Transdisziplinären Forschungsbereichen „Individuals & Societies“ sowie „Sustainable Futures“ der Universität Bonn. Sie beträfen den konkreten Umgang mit den unterschiedlichen individuellen Daten bis hin zu der grundsätzlichen Frage, was wir unter einer psychischen Erkrankung verstehen und wie sich durch technologische Entwicklung unser Menschenbild verändern kann. „Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit diesem tollen, vielfältigen Konsortium.“


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