Bonn: S3-Leitlinie bei Tumor-Operationen im Magen-Darm-Trakt

In der neuen AWMF-S3-Leitlinie „Perioperatives Management bei gastrointestinalen Tumoren (POMGAT)“ unter Leitung von Viszeralchirurgen des Universitätsklinikum Bonns (UKB) wurden 77 Handlungsempfehlungen rund um Operationen von Tumoren im Magen-Darm-Trakt ausgearbeitet.

Die operierten Personen erholen sich viel schneller und erlangen früher ihre Autonomie wieder. Doch es funktioniert nur mit der aktiven Mithilfe und Mitarbeit der Patienten.
Prof. Dr. Kalff, Direktor der chirurgischen Klinik am UKB
S3-Leitlinie „Perioperatives Management bei gastrointestinalen Tumoren (POMGAT)“ UKB-Chirurg Prof. Tim Vilz gibt Handlungsempfehlungen für die Zeit vor, während und nach Operationen von Tumoren im Magen-Darm-Trakt, Tumor-Operationen, Krebs
S3-Leitlinie „Perioperatives Management bei gastrointestinalen Tumoren (POMGAT)“ UKB-Chirurg Prof. Tim Vilz gibt Handlungsempfehlungen für die Zeit vor, während und nach Operationen von Tumoren im Magen-Darm-Trakt © J. Saba | Universitätsklinikum Bonn (UKB)

Ziel der auf mehreren Bausteinen basierenden Maßnahmen vor, während und nach Operationen ist es, Komplikationen nach operativen Eingriffen zu vermeiden. Auch soll die Immunantwort optimiert werden und der stationäre Aufenthalt verkürzt. Die S3-Leitlinie wird aufgrund Ihrer Relevanz für die Patientenversorgung von der Deutschen Krebshilfe mit 265.000 Euro gefördert.

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 112.000 Personen an bösartigen Tumoren des Magen-Darm-Trakts. Der – bis auf sehr wenige Ausnahmen – einzig heilende Ansatz ist eine Operation. „Selbst bei Lebermetastasen kann durch eine Entfernung noch Heilung oder ein Langzeitüberleben erreicht werden. Allerdings handelt es sich bei diesen Operationen oft um ausgedehnte chirurgische Eingriffe im Bauchraum mit signifikanter Komplikationsrate“, sagt Prof. Tim Vilz, Oberarzt der Klinik für Chirurgie am UKB.

Die S3-Leitlinie zum Perioperativen Management bei gastrointestinalen Tumoren wurde erstellt unter Leitung von Prof. Vilz und Prof. Stefan Post, Direktor emeritus der Klinik für Chirurgie der Universitätsmedizin Mannheim (UMM), sowie mit Unterstützung von Prof. Jörg Kalff, Direktor der Chirurgie, Chirurgin Dr. Maria Willis, Prof. Mark Coburn, Direktor der Anästhesiologie und Operativen Intensivmedizin, und Prof. Martin Söhle, Stellvertretender Direktor der Anästhesiologie aus dem UKB und über 50 weiteren Experten aus Deutschland und der Schweiz. Die Erstellung erfolgte im Rahmen des nationalen onkologischen Leitlinien-Programms. Dies wird gemeinsam getragen von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften), der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe.

77 Empfehlungen für gesundheitsfördernde Maßnahmen

Die Leitliniengruppe erarbeitete basierend auf dem Konzept der Fast-Track-Chirurgie insgesamt 77 Handlungsempfehlungen für die Zeit vor, während und nach Operationen von Tumoren im Magen-Darm-Trakt. „Es zeigte sich bereits, dass damit die Komplikationsrate nach onkologischen Dickdarmeingriffen deutlich gesenkt werden konnte, verbunden mit einer Halbierung der Krankenhausverweildauer. Zudem gibt es Hinweise auf einen Benefit beim Langzeitüberleben onkologischer Patienten“, sagt Prof. Vilz. „Allerdings ist die Umsetzung in deutschen Kliniken laut einer von uns durchgeführten Umfrage sehr schlecht. Hier erhoffen wir uns durch die Leitlinie eine deutliche Verbesserung“

Erreicht wird die Senkung der Komplikationsrate durch verschiedene Interventionen rund um den Eingriff. Beispielsweise mit einer intensiven Patientenaufklärung über das multimodale perioperative Konzept, sogenannte Prähabilitationsmaßnahmen sowie eine rasche Mobilisation nach der Operation. So empfiehlt Prof. Vilz in der neuen S3-Leitlinie eine spezielle Darmvorbereitung mittels Antibiotika vor Dickdarm und Mastdarmeingriffen zur Reduktion infektiöser Komplikationen. Während der Operation eingelegte Magensonden oder Blasenkatheter sollen frühzeitig, meist noch während der Narkose wieder entfernt werden. Zudem kann auf Drainagen bei den meisten operativen Eingriffen in Gänze verzichtet werden. Bereits am OP Tag erfolgen Mobilisation und Kostaufbau. Die postoperative Schmerztherapie mit regionalanästhesiologischen Verfahren oder einem Periduralkatheter erfolgt in enger Absprache mit den anästhesiologischen Kollegen, um Nebenwirkungsreiche Opioide einzusparen.

Bestmöglich auf die anstehende Operation vorbereiten

Ein besonderes Augenmerk legte Prof. Vilz in der neuen S3-Leittlinie auf die Zeit vor dem Eingriff. Seine Handlungsempfehlungen beinhalten daher präoperativ beispielsweise die Behandlung einer bei Tumorpatienten oft vorhandenen Unterernährung und Blutarmut, Nikotin- und Alkoholverzicht sowie körperliche Aktivität. Insgesamt gesehen gibt die S3-Leitlinie Empfehlungen, die bereits an der Klinik für Chirurgie des UKB umgesetzt werden. „Die S3-Leitlinie ist aber auch auf große Operationen in anderen Fachgebieten wie Gynäkologie und Urologie übertragbar“, sagt Prof. Vilz.

Je besser wir Betroffene auf die Operation vorbereiten, desto rascher ist die Erholung.
Prof. Tim Vilz, Oberarzt der Klinik für Chirurgie am UKB

Weitere Informationen

Weitere Neuigkeiten aus NRW zu Innovationen, Forschungsergebnissen und Entwicklungen der innovativen Medizin finden Sie bei unseren News.


Beitrag teilen:
X
LinkedIn
Mail
Link kopieren