16.12.2022
Bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalten Fehlbildungen ist während der Embryonalentwicklung die Ausbildung der Mundpartie beeinträchtigt. Bislang sind mehr als 45 genetische Abschnitte bekannt, in denen häufige Risikovarianten vorkommen. “Wir fanden jetzt an zwei dieser Regionen auch eine Anreicherung von seltenen Varianten, speziell von Neumutationen”, sagt Dr. Kerstin U. Ludwig, Leiterin einer Emmy-Noether-Gruppe am Institut für Humangenetik des Universitätsklinikums Bonn.
Mit neuen Analysemethoden Ursachen für Fehlbildungen auf der Spur
Darüber hinaus haben die Forschenden mit Hilfe neuartiger Datenanalysemethoden Hinweise gefunden, dass auch der Transkriptionsfaktor Musculin eine Rolle spielt. “Dies deutet auf eine Beteiligung der embryonalen Entwicklung von Gesichtsmuskeln bei den Lippen-Kiefer-Gaumenspalten hin”, sagt Erstautorin Hanna Zieger aus Ludwig’s Team. “Das wurde bisher zwar vermutet, aber noch nicht nachgewiesen.”
Viele genetische Studien fokussieren sich vor allem auf die Regionen des Genoms, die den Code für die Herstellung von Proteinen beinhalten. “Wir haben verschiedene Ansätze kombiniert, um seltene Varianten in den 98 Prozent zu interpretieren, die keine Proteine direkt codieren”, berichtet Ludwig. Einer dieser Ansätze betrachtet diejenigen Bereiche des Genoms, an die Transkriptionsfaktoren binden können. Das sind Proteine, die bestimmte Basenabfolgen der DNA erkennen, daran andocken und dadurch das Auslesen von benachbarten Genen beeinflussen. Ein solcher Transkriptionsfaktor ist Musculin.
Mit ihren speziell darauf zugeschnittenen Auswertungsmethoden konnte Zieger zeigen, dass die Basenabfolge der Bindestellen von Musculin in Patienten öfter und starker verändert ist als in der Kontrollgruppe. “Das von Frau Zieger eingesetzte Auswerteskript kann auch bei anderen Erkrankungen angewandt werden”, sagt Ludwig, die Mitglied im Exzellenzcluster ImmunoSensation2 ist.
Beteiligte Institutionen und Förderung
An der Studie waren neben dem Institut für Humangenetik auch das Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie, die Abteilung für Onkologie der Medizinischen Klinik III sowie das Institut für Genomische Statistik und Bioinformatik des Universitätsklinikums Bonn sowie das Berlin Institute of Health und das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (Berlin) beteiligt. Das BONFOR-Programm der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn und die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderten die Studie.
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