09.08.2023

© RUB, Marquard
Die elektronische Patientenakte steht gesetzlich Versicherten in Deutschland seit Januar 2021 zur Verfügung. Trotzdem nutzen sie bislang nur wenige Menschen. Forschende der Ruhr-Universität Bochum (RUB), der Leibniz Universität Hannover und des Helmholtz-Zentrums für Informationssicherheit (CISPA) zeigen anhand einer Interviewstudie, dass es viele Missverständnisse rund um die digitale Infrastruktur gibt, auf der die Akte basiert – beispielsweise darüber, wer welche Daten einsehen kann. Vor allem die Rolle der Krankenkassen sorgt für Skepsis.
Die Ergebnisse stellten Prof. Dr. Karola Marky und Doktorandin Rebecca Panskus von der RUB auf dem „
“ in den USA vor. Sie kooperierten für die Arbeiten mit Prof. Dr. Sascha Fahl, Leibniz Universität Hannover und CISPA, und dem Hannoveraner Studenten Max Ninow.„Die digitale Infrastruktur der elektronischen Patientenakte könnte deutlich verbessert werden“, folgert Karola Marky aus der Studie. „Beispielsweise sollten Krankenkassen nicht die Apps bereitstellen, mit denen Versicherte den Zugriff auf ihre Daten festlegen können. Und es ist insgesamt deutlich mehr Aufklärung zu dem Thema erforderlich, die man nicht allein den Arztpraxen und Apotheken aufbürden kann.“
Wenig Wissen um digitale Infrastruktur
Für die Studie baten die Forschenden im ersten Schritt 21 gesetzliche Versicherte aufzumalen, wie sie sich die digitale Infrastruktur hinter der Patientenakte vorstellen. Zur Orientierung bekamen sie dabei folgendes Szenario an die Hand: Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Arzt und wollen diesem Zugriff auf Ihre Patientenakte gewähren. Wie stellen Sie sich den Datenfluss vor?
Keine der 21 Personen vermutete die Struktur so, wie sie tatsächlich ist. Zudem wichen die Darstellungen der verschiedenen Leute deutlich voneinander ab.
Rolle der Krankenkassen wird kritisch gesehen
Im nächsten Schritt bekamen die Teilnehmenden die tatsächliche digitale Infrastruktur präsentiert und konnten äußern, was sie daran gut oder schlecht fanden. Hauptkritikpunkt war die Rolle der Krankenkassen. 85 Krankenkassen stellen ihren Versicherten derzeit Apps bereit. Mit diesen können sie Arztpraxen Zugriff freischalten oder die Daten in ihrer Akte bearbeiten, beispielsweise um Einträge zu löschen.
„Aus Sicherheitsperspektive wäre es besser, eine zentrale Open-Source-App in Deutschland anzubieten, die alle Versicherten nutzen können“, so Marky. „Das würde für mehr Vertrauen sorgen, einen einheitlichen Sicherheitsstandard garantieren und auch den Wartungsaufwand reduzieren.“
Weitere Informationen
Der Leuchtturm Digitale.Medizin.NRW bringt Akteur:innen der Digitalen Medizin in NRW aus Wirtschaft und Wissenschaft über die Disziplinengrenzen hinweg zusammen.
Gleichzeitig dient der Leuchtturm als zentrale Plattform für Vernetzung und Austausch in NRW.
Weitere Neuigkeiten aus NRW zu Innovationen, Forschungsergebnissen und Entwicklungen der innovativen Medizin finden Sie bei unseren News.