Bochum: Mutierende Hepatitis-Viren erschweren Behandlung mit Medikamenten

Eine Kombinationstherapie mit mehreren Medikamenten hilft besser als nur ein Wirkstoff. Jedenfalls zunächst.

Daniel Todt, André Gömer, Eike Steinmann (hinten von links), Michelle Jagst (vorn links) und Mara Klöhn aus der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität, Hepatitis-E
Daniel Todt, André Gömer, Eike Steinmann (hinten von links), Michelle Jagst (vorn links) und Mara Klöhn aus der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität
© RUB, Marquard

Hepatitis E betrifft weltweit über 20 Millionen Menschen. Bei den meisten heilt sie folgenlos aus, kann aber für schwangere Frauen und immungeschwächte Menschen gefährlich werden. Spezifische Wirkstoffe gegen das Virus gibt es nicht. Forschende der Ruhr-Universität Bochum und der Medizinischen Hochschule Hannover haben unter einer Kombinationstherapie mit dem antiviralen Wirkstoff Ribavirin und dem gegen Hepatitis C entwickelten Sofosbuvir die Evolution des Virus in zwei chronisch infizierten Patienten genau verfolgt. Sie konnten Varianten ausmachen, die zur Resistenz führen.

Die Erkenntnisse können helfen, bessere Wirkstoffe zu entwickeln. Das Team berichtet in der Fachzeitschrift JHep Reports vom 2. Januar 2024.

Wie sich das Virus im Körper verändert

Das Studienteam verfolgte zwei Patienten mit chronischer Hepatitis E, die zuvor nicht auf Ribavirin angesprochen hatten. Diese wurden anschließend mit einer Kombination aus Sofosbuvir und Ribavirin behandelt. „Die Kombinationstherapie wirkte in beiden Fällen besser als die Behandlung mit nur einem Wirkstoff“, berichtet Dr. André Gömer von der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität Bochum. „Bei beiden Patienten sank die virale RNA im Blut und Stuhl zunächst fast bis zur Nachweisgrenze ab.“ Diese Beobachtung stehe in Einklang mit Erfahrungen aus der Behandlung anderer Viruserkrankungen wie etwa HIV, das ebenfalls mit Kombinationen einzelner Wirkstoffe behandelt wird.

Studie ebnet den Weg zur nächsten Wirkstoffgeneration

Später war jedoch wieder mehr Hepatitis-E-Virus (HEV) nachweisbar, da resistente Varianten auftraten. Speziell die Varianten namens A1343V und G1634R erwiesen sich als resistent gegen die Kombinationstherapie. „Die Viruslast bewegte sich bei beiden Patienten aber auf geringem Niveau, und die Infektion heilte bei einem von beiden im Verlauf mehrerer Monate ganz aus“, berichtet Dr. Katja Dinkelborg, Klinikerin und Forscherin aus Hannover. „Auch der zweite Patient konnte nach erneuter kurzer Ribavirin-Therapie ausheilen, sodass bei schwerwiegenden Verläufen einer chronischen Hepatitis E nach gescheiterter Ribavirin-Monotherapie eine Kombinationstherapie mit Sofosbuvir in Betracht gezogen werden sollte.“

Dennoch weist das Forschungsteam darauf hin, dass Hepatitis E wegen des Mangels an spezifisch wirksamen Medikamenten weiterhin ein schwerwiegendes globales Gesundheitsproblem bleibt. „Auch wenn Medikamente wie Ribavirin, Interferon und Sofosbuvir Potenzial gezeigt haben, stellt das schnelle Auftreten resistenter Varianten erhebliche Herausforderungen dar“, so das Fazit von Prof. Dr. Benjamin Maasoumy. Er ist leitender Oberarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Die aktuelle Studie beleuchtet nicht nur die Wirksamkeit und Grenzen der aktuellen Behandlung. Sie bietet auch wertvolle Einblicke in die evolutionären Dynamiken von HEV und ebnet damit den Weg für die nächste Generation von antiviralen Behandlungen.

Hepatitis E

Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virushepatitiden. Rund 70.000 Menschen sterben jährlich an der Krankheit. Nach dem ersten dokumentierten epidemischen Ausbruch 1955 bis 1956 vergingen mehr als 50 Jahre, bis Forschende sich intensiv des Themas annahmen. Akute Infektionen heilen bei Patientinnen und Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Betroffenen mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantatempfängern oder HIV-Infizierten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich.


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