Bielefeld: Interdisziplinäres Team entwickelt digitalen Zwilling der Bauchdecke

An einem digitalen Zwilling soll künftig das häufige Naht-Versagen nach Bauchoperationen besser erforscht werden, ganz ohne Tierversuche.

Der Zugversuch wird genauestens dokumentiert, unter anderem durch zwei Smartphonekameras  Foto: P. Pollmeier/FH Bielefeld
Der Zugversuch wird genauestens dokumentiert, unter anderem durch zwei Smartphonekameras
Foto: P. Pollmeier/FH Bielefeld

Nach jeder fünften Operation im Bauchraum gibt es Komplikationen mit der Naht. Auch wenn es an der Hautoberfläche oft gar nicht so schlecht aussieht, kann es im darunterliegenden Gewebe zur Entwicklung von Narbenbrüchen kommen. Manchmal passiert dies sogar direkt nach dem Eingriff. In anderen Fällen kommt es erst viel später zum Naht-Versagen.

„In den meisten Fällen muss dann erneut operiert werden“, erklärt der Viszeralchirurg Privatdozent Dr. med. Jörg Johannes Höer. Er ist Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im hessischen Bad Homburg. „Schon lange wird an den Ursachen und Lösungen geforscht“, so der Mediziner. Wirklich vielversprechende Lösungsansätze gebe es in der medizinischen Forschung für diese oft sehr gefährlichen Komplikationen bislang nicht.

Interdisziplinäres Projekt zur Bekämpfung von Komplikationen durch Nahtversagen

An dieser Stelle kommen Dr.-Ing. Oliver Wetter, Professor für Elektrotechnik am Campus Minden der Fachhochschule (FH) Bielefeld und seine Studierenden ins Spiel. In einem gemeinsamen Projekt will das Team aus Bielefeld zusammen mit den Kooperationspartnern aus Bad Homburg Weichgewebe biomechanisch modellieren. Das gemeinsame Ziel des interdisziplinären Vorhabens: Es soll ein digitaler Zwilling des Gewebes entstehen. Mit diesem Modell soll in Zukunft das Nahtversagens weiter erforscht werden. „Damit könnte auch auf viele Tierversuche verzichtet werden“, hofft Höer.

Der digitale Zwilling soll mithilfe der Methode der finiten Elemente entstehen, die normalerweise im Maschinenbau eingesetzt wird. Bei dieser Methode werden verschieden große Gewebeproben, die miteinander agieren und sich gegenseitig beeinflussen, mathematisch zu einem Gesamtmodell verknüpft. Was sehr abstrakt klingt, benötigt zunächst Daten aus ganz praktischen Messungen einer aufwendigen Versuchsreihe. Als Weichgewebe dient ein Schweinebauch, wie er zum Beispiel auch in der Anatomie-Ausbildung im Medizinstudium genutzt wird. „Das Gewebe ist dem menschlichen sehr ähnlich“, erklärt Dr. Jörg Höer.


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