26.07.2022

© Rafael Kramann, UK Aachen
Viele chronische Erkrankungen führen früher oder später zu einer fehlerhaften Narbenbildung im Organgewebe. Schätzungen zufolge soll die Hälfte aller Sterbefälle in der entwickelten Welt mit einer solchen Organfibrose zusammenhängen. Professorin Dr. Rebekka Schneider vom Universitätsklinikum Aachen erklärt: „Eine gezielte Therapie ist bislang kaum möglich, weil der Ursprung der Vernarbungen wenig erforscht und daher weitgehend unbekannt ist. Wir wissen zwar, dass bestimmte Zellgruppen die Vernarbungen auslösen. Woher diese Zellen kommen, wird unter den Experten aber kontrovers diskutiert, und wie sie aktiviert werden, ist noch vollständig unklar.“
Im Juniorverbund Fibromap erforscht die junge Medizinerin und Molekularbiologin die Mechanismen der Narbenbildung zusammen mit ihren Aachener Kollegen Professor Dr. Ivan Costa und Professor Dr. Rafael Kramann sowie Professor Dr. Victor Puelles vom Universitätsklinikum in Hamburg. Der Fokus der Nachwuchsforschenden liegt auf Niere und Knochenmark. Ihr Ziel ist es, die Diagnostik von Organfibrosen zu verbessern, vor allem aber, neue wirksame Therapien zu entwickeln. Erste vielversprechende Ergebnisse und eine Patentanmeldung zur Entwicklung eines Medikamentes gibt es bereits.
Das Verbundforschungsprojekt „Fibromap – Erstellung einer dreidimensionalen Karte fibrotischen Gewebes“ ist Teil des Förderprogramms „Juniorverbünde in der Systemmedizin“. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den Juniorverbund bis Ende 2024 mit insgesamt knapp 5,8 Millionen Euro.
Eine virtuelle dreidimensionale Landkarte führt alle Ergebnisse zusammen
Die Mitglieder des Juniorverbundes bringen Expertise aus ganz unterschiedlichen Fachgebieten mit. Die einen widmen sich der Identifizierung von speziellen Zellgruppen, andere untersuchen den Einfluss von Genen, und wieder andere machen die Organfibrosen mit modernen Verfahren der Bildgebung sichtbar. Dabei entstehen große Mengen an ganz verschiedenartigen Daten. Ihre besondere Aussagekraft erhalten sie erst dadurch, dass Bioinformatikerinnen und Bioinformatiker sie in einer virtuellen dreidimensionalen Karte zusammenführen und auswerten – aus diesem Grund auch der Name des Konsortiums: Fibromap. „Es entsteht eine Art Landkarte, und je mehr Forschungsergebnisse in die Karte eingetragen werden, desto mehr Wissen entsteht über die Organfibrosen, und damit steigt die Aussicht auf erfolgreiche Behandlungsansätze“, sagt Costa, der Koordinator des Fibromap-Verbundes.
Erste Übertragung in die medizinische Praxis in Aussicht
Der Verbund kann auf erste interessante Ergebnisse verweisen. In Nierenfibrosen konnten die Nachwuchsforschenden beispielsweise Zellgruppen identifizieren, die offenbar eine zentrale Rolle bei der Entstehung des Narbengewebes spielen. Außerdem stellten sie fest, dass ein bestimmtes Gen (NKD2) in denjenigen Zellen vorkommt, die die Organfibrose vorantreiben. „Mit diesem Wissen können nun die krankmachenden Zellen identifiziert und gezielt Wirkstoffe zur Deaktivierung der verantwortlichen Gene eingesetzt werden“, erläutert Kramann.