Wie eHealth und künstliche Intelligenz bei der Prävention von Herzerkrankungen helfen können

An der Universität Witten/Herdecke startet das neue EU-Projekt TIMELY, das Patient:innen mit koronarer Herzkrankheit durch intelligente Lösungen im Alltag unterstützen will. Dabei arbeiten die Forschenden im Verbund mit zwölf weiteren nationalen und internationalen Partnereinrichtungen.

Symbolbild Herz AI
Künstliche Intelligenz zur Datenauswertung und Risikobewertung – das ist einer der Ansätze im TIMELY-Projekt. 
© Adobe Stock

Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK, eine Erkrankung, die die Herzkranzgefäße betrifft) kennen die Situation – nach dem Herzinfarkt folgt die Rehabilitation. Doch wie geht es dann weiter? Während des Aufenthalts in der Rehaklinik gibt es einen strukturierten Therapieplan, intensive ärztliche Betreuung, Schulungen zur Lebensstiländerung und Ernährungsumstellung, ein individuell angepasstes Sportprogramm und Hinweise zur Kontrolle von Risikofaktoren und Begleiterkrankungen. Für drei bis vier Wochen ist die Betreuung perfekt, schnell fühlen sich die Betroffenen wieder belastbar und fit für den Alltag. Im Anschluss stellt sich bei vielen Patientinnen und Patienten aber Ernüchterung ein. Das Reha-Team ist meist nicht in die Nachsorge eingebunden, die Motivation für mehr Bewegung und Sport schwindet und die Angst vor einem weiteren Infarkt nimmt wieder zu. Um Patientinnen und Patienten in ihrem Alltag zu unterstützen, möchten Wissenschaftler des Lehrstuhls für Rehabilitationswissenschaften an der Universität Witten/Herdecke nun eine Plattform entwickeln, die intelligente und zukunftsfähige Lösungen bietet.

„Schaut man in die anderen Länder Europas wird klar, dass eine flächendeckende, leitliniengerechte medizinische Rehabilitation von KHK-Patientinnen und -Patienten nicht überall gut implementiert ist und Nachsorgeprogramme in noch geringerem Maße ausgebaut sind“, sagt Dr. Boris Schmitz, der das Projekt gemeinsam mit Prof. Dr. Frank Mooren federführend betreut. Da es sich bei der KHK um eine lebenslange chronische Erkrankung handelt, wäre zudem eine Unterstützung der Patientinnen und Patienten beim Selbstmanagement zur Krankheitsbewältigung und Prävention des Fortschreitens der KHK notwendig. Dr. Schmitz: „Grundsätzlich ließen sich diese Hürden in der Versorgung bereits heute durch technologische Innovationen im eHealth-Bereich, also mittels digitaler Technologien im Gesundheitswesen, überwinden.“

Aus diesem Grund haben sich die Forscher einer zukunftsfähigen Lösung des Problems verschrieben. Gemeinsam mit einem interdisziplinären Team aus verschiedenen Fachrichtungen einschließlich der Medizin, den Sport- und Gesundheitswissenschaften, der Psychologie sowie der Informationstechnologie und in Zusammenarbeit mit einem Verbund aus Industriepartnern der Medizintechnik wurde das Projekt „TIMELY“ entwickelt.

„Die Herausforderung ist es, eine Plattform zu schaffen, mit der sowohl Patientinnen und Patienten als auch Therapeutinnen und Therapeuten jederzeit Zugriff auf aktuelle Gesundheitsdaten haben. Da sich die Patientinnen und Patienten nicht mehr in der Rehaeinrichtung, sondern zu Hause befinden, brauchen wir technische Lösungen, um kontinuierlich Informationen über sie zu erhalten. Das geht heute mithilfe modernster Geräte zur Überwachung von Vitalparametern“, erläutert Prof. Mooren.

Dazu setzen die Forscher unter anderem ein gerade erst entwickeltes „EKG-Pflaster“ ein. Es ist nur 5 mal 5 Zentimeter groß und kann ganztägig auch beim Sport und für mehrere Wochen verwendet werden. Die Übertragung der Daten erfolgt automatisch und kabellos direkt über das Mobilfunknetz auf den gesicherten Server. Gleichzeitig werden auch andere Geräte wie Blutdruckmesser und Blutzuckergerät, aber auch Fitnessarmbänder, drahtlos verbunden.

Die TIMELY-Plattform soll jedoch noch viel mehr leisten. So kommen unter anderem Chat-Bots für die Kommunikation und Künstliche Intelligenz zur Risikoberechnung für das Fortschreiten der Erkrankung zum Einsatz.

Das Projekt wird von der Europäischen Union mit rund 5,7 Millionen Euro über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren gefördert.

Weitere Informationen

Meldung der Universität Witten/Herdecke

Das TIMELY-Projekt in der EU-Datenbank CORDIS


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